Weshalb sind die EZB-Aufkäufe von Staatsobligationen ein Tabubruch?
Die Rettungsaktionen laufen auf zwei Ebenen: Erstens die Rettungsschirme und Rettungspakete, beschlossen durch Exekutivpolitiker, abgesegnet durch Parlamente. Da die Politik z.B. beim Hochschiessen der italienischen und spanischen Kreditzinsen zu wenig schnell reagieren konnte, schaltete sich als zweite Rettungsinstanz die Europäische Zentralbank EZB ein – oder wurde von der Politik dazu instrumentalisiert. Diese kann rasch handeln und muss nicht mühsame zeitraubende demokratische Prozesse berücksichtigen. So begann die EZB in grossem Umfang griechische, irische, portugiesische, aber auch spanische und italienische Staatsanleihen zu einem höheren Kurs als jener des Marktes aufzukaufen. Ländern, die am Markt ihre Schulden nicht mehr platzieren können (oder einen exorbitanten Zins zahlen müssten), wird so vorübergehend geholfen. Der Tabubruch besteht darin, dass hier nicht ein Marktteilnehmer mit «vorhandenem » Geld, sondern die EZB als Herausgeberin der Eurowährung die Schulden von Staaten übernimmt. Damit fliesst «neues» Geld in den Geldkreislauf, das es vorher nicht gab. Während Wertschriftentransaktionen unter Privaten und Banken geldmengenneutral sind, wird hier die Geldmenge erhöht. Wo dies eine nationale Notenbank wie US Federal Reserve oder die Bank of England macht, zeigt es sich noch deutlicher: Der Staat macht Schulden bei sich selbst – ein wirtschaftliches Unding. Die Wirkung ist dieselbe wie beim sprichwörtlichen «Anwerfen der Notengeldpresse » – die Geldmenge im Umlauf wird ausgeweitet. Deshalb sind zwei prominente deutsche EZB-Präsidiumsmitglieder zurückgetreten; bei den Deutschen ist aufgrund ihrer historischen Erfahrung der Zwanzigerjahre (Hyperinflation) das Bewusstsein noch stärker, welch Tabubruch dies darstellt. Zur Beruhigung wird behauptet, die neue Liquidität werde später, wenn die Krise vorüber sei, wieder «abgeschöpft » , um Inflation zu verhindern. Die historische Erfahrung zeigt aber, dass das Zurückfahren der Geldmenge ungleich schwieriger ist als das Hochfahren. Es ist, als müsste man die aus einer Tube ausgedrückte Mayonnaise wieder in die Tube hinein kriegen. Eine Geldmengenreduktion wird zudem von der Politik nicht unterstützt, solange Rezessionsängste im Raume stehen.
Die Rolle der Ratingagenturen
Drei amerikanische Ratingagenturen (Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch) beherrschen bekanntlich den Markt. Beim Platzen der amerikanischen Immobilienblase im Jahr 2008 hat das Ansehen dieser Agenturen ganz gewaltig gelitten; ja sie gelten zu Recht als mass geblich mitschuldig an der Finanzkrise. Gegen gute Honorare stellten sie Hypothekarprodukten lange Zeit die Bestnote AAA aus, mit denen dann die hohen Risiken des amerikanischen Hypothekargeschäfts, versehen mit dem Triple-A-Gütesiegel, vorwiegend an europäische Investoren weitergegeben wurden. In der jetzigen Krise sind die Ratingagenturen für viele Politiker wiederum ein Hauptschuldiger. Diese Sicht greift zu kurz. Nur weil sie früher gewisse Papiere zu gut bewerteten, heisst das noch lange nicht, dass sie jetzt Staaten zu schlecht bewerten. In diesem Segment kassieren die Ratingagenturen im Übrigen auch keine hohen Honorare. Vermutlich sind die Bonitätsnoten der Agenturen für diverse Euro-Länder angemessen. Dass Griechenland eine Stufe über D wie Default (= Konkurs) bewertet wird, erweist sich in diesen Tagen als realistisch. Wer die Schuld am ganzen Schlamassel den Ratingagenturen gibt, will quasi den Überbringer der schlechten Botschaft bestrafen. Was wohl zutrifft, ist, dass die drei amerikanischen Agenturen systematisch amerikanische Banken besser beurteilen als europäische. Als Teil der US-Finanzindustrie sind sie interessiert, Investorengeld in die USA zu locken. Es stimmt auch, dass Europa gut getan hätte, eine eigene Ratingagentur zu gründen. Dies hätte aber vor Jahren geschehen müssen. Jetzt, wo die Länderratings in den Keller gehen, nach einer neuen (etwa noch staatlichen) europäischen Agentur zu rufen, wirkt hilflos. Das Motto kann doch nicht lauten «Wenn der Fiebermesser ein zu hohes Fieber anzeigt, muss ein neuer Fiebermesser her». Auch ist es naiv, zu meinen, die Märkte würden einer staatlichen europäischen Ratingagentur ihre Ratings von europäischen Staaten für bare Münze nehmen.
Die Ratingagenturen sind relativ kleine Unternehmen, die eine ungeheure Macht erlangt haben, eine Macht, die ihnen selbst nicht geheuer ist. Ein Grund ist, dass viele Investoren (z.B. Pensionskassen, Versicherungsgesellschaften) für ihre Anlagepolitik fixe Vorschriften mit Verweis auf die Ratings erliessen, das heisst eine Anlage zwingend verkaufen müssen, wenn das Rating sinkt. Auch beeinflusst ein «Downgrading» die Zinskosten der Staaten massiv. Ein Rating der Agenturen sollte deshalb wieder als das genommen werden, was es ist: Eine Meinung über die Fähigkeit und den Willen eines Schuldners, seine Schulden zurückzuzahlen. Eine Meinung und nicht mehr. Jeder, der Geld investiert, täte gut daran, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Sind die bösen Spekulanten Schuld?
Ein weiterer Sündenbock vieler Politiker sind die «Spekulanten». Da müsste erst mal genau definiert werden, wer ein Spekulant ist. Der Markt besteht aus unzähligen Marktteilnehmern mit ihren Einschätzungen, Hoffnungen und Ängsten. Ist, wer Euros verkauft, weil er im Euroraum zu Recht mit Inflation rechnet, ein Spekulant? Wohl kaum. Natürlich gibt es die Spekulation im engeren Sinne. Fachleute bezweifeln jedoch, dass diese den Markt derart beherrscht, wie behauptet wird. Ein Verbot von Leerverkäufen (Derivathandel, ohne im Besitz des Basiswertes zu sein) ist hingegen eine gute Idee, da es die Märkte wieder realitätsnaher und weniger volatil machen würde.
Ein Hauptproblem: die Grösse der Finanzmärkte stieg ins Absurde
Nicht einzelne böse «Spekulanten» sind das Hauptproblem, sondern die heutigen Finanzmärkte als Ganzes, bzw. ihre Grösse und ihre Abkoppelung von der Realwirtschaft. Man schätzt, dass es auf der Welt (in Dollar ausgedrückt) ca. 65 Billionen Dollar an «Geld im engeren Sinne» (Bargeld und Bankkontoguthaben) gibt. Inzwischen gibt es aber ca. 950 Billionen Dollar an Vermögenswerten in Form von Wertpapieren verschiedenster Art (Obligationen, Aktien, strukturierte Produkte, Derivate, etc.). Dieses Missverhältnis ist in den letzten 10 Jahren gewaltig angewachsen. Am Beispiel des Fremdwährungshandels zeigt sich das Problem exemplarisch: Vor z.B. 40 Jahren wurden Fremdwährungen dann gekauft, wenn man sie effektiv brauchte. Der Tourist kaufte Dollar, wenn er in die USA in die Ferien flog. Die Industrieunternehmen kauften eine Fremdwährung, um damit Rohstoffe aus dem Ausland zu bezahlen. Heute besteht der Fremdwährungshandel zu ca. 97% aus Spekulation, das heisst aus dem Kaufen oder Verkaufen von Währungen aufgrund von Zukunftserwartungen. Die Schweiz erlebt aktuell, was dies bedeutet: Ein Euro hat kaufkraftmässig ca. Fr. 1.40 wert, womit der Kurs «fundamental» bei 1.40 liegen müsste. Dass er zeitweise auf die Parität von einem Franken absackte, hatte rein mit dem Charakter des Schweizer Frankens als sicherer Hafen, mit den Zukunftserwartungen von Anlegern in Sachen Geldwertstabilität zu tun. Das genannte Missverhältnis der Finanzwerte zu den Realwerten bewirkt, dass Märkte irrational werden, sich von der Realwirtschaft abkoppeln.
Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst der Inflation
Kommen neue Euros in den Umlauf, ohne dass die Wirtschaft entsprechend wächst, verliert der einzelne Euro an Kaufkraft – es entsteht Inflation. Auch wenn es etwas komplizierter ist: früher oder später spielt, das zeigt auch die historische Erfahrung, dieses einfache Gesetz. In Wahrheit spielen Dinge wie die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (wird Geld gehortet oder ausgegeben?), die Konjunktur, die Kreditvergabepolitik der Banken und Weiteres eine Rolle. Früher oder später, meist mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung von ca. 2 Jahren, setzt sich das genannte einfache Gesetz immer durch. So hat denn auch im Euroraum die Inflation bereits auf 2,5% angezogen.
Sind Eurobonds eine Option? – Auf dem Weg in die Transferunion
In der Not taucht die Idee auf, die problematischen staatlichen Schuldanleihen durch einheitliche Anleihen der Europäischen Union, Eurobonds, zu ersetzen. Die Idee hat gleich zwei Pferdefüsse: Die EU selbst zieht keine Steuern ein, weshalb kein Anleger der EU an sich Geld leihen würde. Vielmehr müssten alle Euroländer, insbesondere die «reichen» wie Deutschland, für solche Eurobonds solidarisch garantieren. Die Eurobonds würden nicht weniger als die Transfer union einführen. Dies heisst einerseits: Reiche Länder garantieren für arme Länder und springen bei Zahlungsunfähigkeit ein. Noch massiver sind die Folgen beim Zinsendienst: Eurobonds hiesse ein einheitlicher Zinssatz für alle Euroländer. Für Deutschland hat man ca. 30 Milliarden höhere Zinskos ten errechnet. Mit der Transferunion, ob sie nun mittels Eurobonds oder mittels Transferzahlungen funktioniert, fiele für die südlichen Schuldenländer der Anreiz dahin, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen. Es geht nicht nur um die Frage, ob relativ reiche Länder bereit sind, riesige Beträge nach Südeuropa zu pumpen. Selbst wenn sie dazu bereit wären: Es geht auch um die Frage, ob eine Transferunion auf längere Sicht von der Anreizstruktur her funktionieren würde. Ökonomen sind da skeptisch, zumal die Arbeitsmoral und die Wirtschaftskraft zwischen Nord- und Südeuropa alles andere als angenähert sind.
Deutschland, Zahlmeister Europas, wie lange noch?
Entscheidend ist, wie sich die politische Debatte in Deutschland entwikkelt. Nicht nur die Milliardenbeträge an sich machen Angst, es stösst dem deutschen Bundestag zu Recht auch bitter auf, dass er quasi eines seiner wichtigsten Rechte, das Haushaltsrecht, selbst aufzugeben hat, indem er weit in die Zukunft reichende Bürgschaften eingehen soll. So wird auch die Budgethoheit eines späteren Parlaments ungebührlich eingeschränkt. Gut möglich ist auch, dass ein kleines Zahlerland wie die Slowakei, Finnland oder die Niederlande plötzlich die Reissleine zieht. Und wenn einmal Land A nicht mehr garantieren will, fragt sich bald Land B und C, weshalb es dann noch soll. Die Rettungseuphorie könnte schneller als erwartet zusammenbrechen.
Kann man Länder wie Italien oder Spanien retten?
Grundsätzlich haben Rettungsaktionen nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein Land ein gutes wirtschaftliches Potenzial hat und zudem den Willen, rigorose Sparanstrengungen jahrelang durchzuziehen. Es gibt Beispiele – die baltischen Staaten – wo so etwas funktionierte. Fehlt beides, wie im Fall Griechenland, reiten Sparpakete ein Land nur in eine tiefe Rezession, was die Steuereinnahmen erst recht einbrechen lässt. Bei Italien und Spanien stellt aber auch die Grösse dieser Länder, bzw. die Grösse ihrer Schuldenberge eine Grenze dar. Solche Länder kann man nicht retten, selbst wenn man wollte. Zu bedenken ist, dass der zweitgrösste Garant der Rettungspakete Frankreich ist, das selbst ein Problemfall werden könnte. Zählen wir nur schon die Anzahl Problemländer (ganz Südeuropa plus Frankreich plus Belgien) und stellen diese den «reichen» Ländern (Deutschland, Niederlande, Finnland und ein paar kleine Länder) gegenüber, zeigt sich, dass irgendwo die Grenze der Rettungsmöglichkeit erreicht ist.
Stellt die Krise den Kapitalismus in Frage?
Bevor wir die Frage zu beantworten versuchen: Halten wir fest, dass im Moment der reine Kapitalismus gar nicht mehr existiert. Der hätte bedeutet: Der Markt hat immer recht; wer Fehler macht, geht unter. Mit der Rettung der Grossbanken hat man sich von dieser reinen Kapitalismusidee verabschiedet. Wir haben zurzeit eine seltsame Mischung aus Kapitalismus und Halbverstaatlichungen. Wer die ehemaligen kommunistischen Länder erlebt hat, zweifelt nicht daran, dass es der Kapitalismus wesentlich besser schafft, materielle Güter in ausreichender Menge und hoher Qualität zu produzieren und zudem stets neue Produkte nach den Wünschen der Konsumenten zu lancieren. Dennoch beginnen auch Nicht-Anti-Kapitalisten in diesen Monaten zu zweifeln, ob mit dem Kapitalismus noch alles stimmt. In einem nämlich hatte Karl Marx recht: Im Kapitalismus gibt es zwangsläufig eine Kapitalakkumulation bei wenigen, gibt es eine sich selbst verstärkende Anhäufung von zuerst realen, aber immer irrealer werdenden Vermögenswerten. Anders gesagt: Der Kapitalismus funktioniert lange Zeit prima, hat aber eine selbstzerstörende Tendenz in sich eingebaut. Diese sehen wir seit drei Jahren am Werk. Die Frage muss eher lauten: Wie bändigen wir den Kapitalismus? Oder auch: Welchen Kapitalismus wollen wir? In der US-amerikanischen Politik wird dies oft durch das Gegensatzpaar «Wall Street» und «Main Street» ausgedrückt. Mit Main Street ist die Hauptstrasse eines Städtchens gemeint, wo die Geschäfte des Gewerbes stehen; ein Gewerbe, das reale Güter und Dienstleistungen anbietet, im Gegensatz zur fiktiven und unproduktiven Welt der Finanzwerte. Gemeint ist: Der Kapitalismus der kleinen Unternehmer ist gut, was das Problem ist, ist die Hydra der Finanzindustrie, symbolisiert durch den Begriff «Wall Street». Heute behauptet wohl keiner mehr, im Kapitalismus würde die «unsichtbare Hand des Marktes» (Adam Smith) stets (ohne staatliche Regulierung) jegliche Probleme früher oder später selbst lösen. Zu eklatant haben gerade diese Marktkräfte versagt.
Zwei Gründe für Finanzkrisen: Sehr hohe oder sehr tiefe Zinsen
Werfen wir den Blick etwas weiter zurück auf frühere Krisen, so fällt auf, dass eine wesentliche Ursache beim Zinsniveau liegen könnte. Wir stellen nämlich fest, dass Krisen stets bei sehr hohen oder sehr tiefen Zinsen auftreten. Da gibt es die spekulativen Blasen (Finanzkrisen in Mexiko, Russland, Süd ostasien oder als neuestes Beispiel Island), wo angeheizt durch sehr hohe Zinsen viel Geld in ein Land fliesst, bis die Blase platzt. Die zweite Art von Krise wird massgeblich durch «zu billiges Geld», das heisst durch die Tiefzinspolitik der Nationalbanken verursacht. Diese glauben, der Wirtschaft etwas Gutes zu tun, bzw. eine Rezession zu verhindern, indem sie die Zinsen tief halten. Tiefe Zinsen können in kritischen Phasen tatsächlich der Wirtschaft helfen. Voraussetzung ist aber, dass Innovations- und Investitionswille da ist. Ist die Stimmung depressiv, will niemand investieren, nützen auch Tiefzinsen wenig, wie Japan zeigt, dass seit 15 Jahren wirtschaftlich stagniert. Mit Tiefzinsen wollen die Notenbanker die Geschäftsbanken ermuntern, Kredite an die Industrie zu vergeben und diese ermuntern, Investitionen zu tätigen. Bei fehlendem Vertrauen und ungewissen Zukunftsaussichten funktioniert dies jedoch nicht. In Finanzkreisen sagt man: «Man kann die Kuh zur Tränke führen, saufen muss sie selbst.» Wenn nun das viele billige Geld nicht in die Industrie fliesst, fliesst es anderswo hin, zum Beispiel in den amerikanischen Immobilienmarkt. Die Krise von 2008 war massgeblich von der US-Notenbankpolitik, durch zuviel, zu billiges Geld, mitverschuldet worden.
Lösungen gibt es, aber nicht einfache
Einen Lösungsansatz zum Vermeiden künftiger Krisen hätten wir also: Das Fixieren des Zinsniveaus auf einem vernünftigen Level. Da unterschiedlichen Schuldnerbonitäten weiterhin Rechnung getragen werden müsste, ist ein Zinsband nötig. Wenn man gesetzlich die Zinsen sagen wir zwischen 2% und 5% einfriert, hätten wir zwei Probleme gegelöst: Es kann kein Unternehmen zu billig (das heisst unter 2%) Geld aufnehmen, womit die Gefahr kleiner wird, dass Unternehmen und Banken mit zu billigem geliehenen Geld unverantwortlich umgehen. Auf der andern Seite müsste kein Unternehmer unter einem unverhältnismässigen Zinssatz von über 5% ächzen. Steigt der Marktzins eines Unternehmens oder eines Landes bonitätsbedingt ü ber 5%, dürfte es schlichtweg keine neuen Schulden aufnehmen. Die Politik der EU in der aktuellen Krise zeigt Aktionismus, ohne dass klar ist, wohin die Reise geht. Der Weg der rigorosen Sparpakete wird bei den meisten Ländern nicht funktionieren. Der Weg in die Transferunion ist politisch äusserst umstritten. Interessant und bedenkenswert ist der Vorschlag, den Euro durch zwei Währungen (Nord-Euro und Süd-Euro) zu ersetzen. Der Kern des Problems ist ein riesiger Berg von Schulden. So bleibt nur die Vermögensvernichtung, das heisst Totaloder Teilbankrotte von Staaten. Ein solches Szenario macht uns Angst und erscheint uns unvorstellbar, weil wir es seit einigen Generationen nicht mehr erlebt haben. Historisch gesehen ist es aber durchaus normal. Zusammenbrüche von Finanzsystemen mit gewaltiger Vermögensvernichtung finden historisch etwa alle 150 Jahre statt, insbesondere bei einem reinen Papiergeld-System ohne Golddeckung. Staatliche Insolvenzen können als chaotische Zusammenbrüche ablaufen. Oder sie werden durch Vorbereitung, z.B. Schaffung von Insolvenzregeln für Staaten, in geordnete Bahnen gelenkt. Auch wenn heute fast alle Politiker über dies nicht einmal sprechen wollen, werden wir solche Szenarien vermutlich erleben.
Endziel «Vereinigte Staaten von Europa»
«Kein Euroland haftet für die Schulden eines andern Eurolandes.» So steht es im Maastricht-Vertrag. Nicht dreist genug, dass man eine zentrale Vertragsbestimmung nun einfach über Bord werfen will. Jetzt melden sich europhile Politiker und wollen das Schlamassel gleich noch zum Anlass für eine «Vertiefung» der EU instrumentalisieren. Der Euro, die geplante Transferunion könne nur mit einer gemeinsamen Wirtschafts-, Fiskal- und Finanzpolitik funktionieren. Also muss eine gesamteuropäische Regierung mit massgebenden Kompetenzen her. Und die EU solle eigene Steuern einkassieren. Dies geht schnurstracks in Richtung Eigenstaatlichkeit der EU, in Richtung Vereinigte Staaten von Europa. Was die EU-Strategen natürlich schon immer wollten, aber den Bürgern nie zu sagen wagten.