Wir leben auf zu grossem Fuss!
B.O. BachterObiger Titel ist eine der Kernaussagen, welche der Vertreter der ECO-POP, Markus Zimmermann, El. Ing. HTL, in seinem tiefgründigen Vortrag zum Thema «Tragfähigkeit der Erde?» zur Diskussion stellte. Ohne zu übertreiben – dieser aufgrund mehrerer wissenschaftlicher Arbeiten präsentierte absolut sachliche Vortrag brachte die Zuhörer wahrlich zum Nachdenken (Das obige «Wir» trifft übrigens nicht auf alle SD-Leser/innen zu!).
Solche Thesen «hört» man leider nur ganz selten und dies hat auch Gründe (z.B. die Geld- und Machtgier gewisser Menschen, die solches Denken und Handeln unterbinden – die Red.). Allgemein wollen Politiker wiedergewählt werden! Der Grossteil der Politiker plant aber höchstens für vier Jahre in die Zukunft… bis zur nächsten (Wieder)-Wahl! Das Lösen unangenehmer Probleme, was eben auch Wählerstimmen kosten könnte, nehmen die meisten Politiker lieber nicht in die Hand. Und was bedeutet Nachhaltigkeit? Die Definition der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (Brundtland-Kommission) lautet wie folgt: «Eine Entwicklung ist nachhaltig, wenn sie
1. die Bedürfnisse der heutigen Generation zu decken vermag ohne für künftige Generationen die Möglichkeiten zu schmälern, ihre eigenen Bedürfnisse zu decken, und dabei
2. die Artenvielfalt der Pflanzen und Tierwelt bewahrt wird.»
Der Wirtschaftswissenschafter, Prof. Dr. Christoph Binswanger, präzisierte obige Thesen noch etwas verständlicher:
«Nichterneuerbare Ressourcen werden dann nachhaltig genutzt, wenn deren Nutzung so vermindert wird, dass sie nie ausgehen», z.B. bei 100-jährigem Vorrat müsste die Verringerung des jährlichen Verbrauchs jedes Jahr 1% des Vorjahresverbrauchs betragen. Die heutige weltweite Entwicklung bezüglich Belastung der Umwelt und Ausplünderung der natürlichen Ressourcen geht leider stark in die entgegengesetzte Richtung! Wachstum lautet die Devise der Mächtigen auf dem Planeten Erde! Die Ausnahmen dieses «Denkens» lassen sich bildlich gesprochen an den Fingern einer Hand abzählen.
Der Planet Erde ist nicht unendlich!
Blütenpflanzen, Moose und Tiere sterben weltweit in erschreckendem Ausmass aus oder sind vom Aussterben bedroht. Generell stellen wir fest:
- die Waldfläche geht zurück
- die Bodenerosion nimmt zu
- einst reiche Fischgründe sind leer gefischt
- die Grundwasserspiegel sinken
- der Anstieg der globalen Temperaturen führt zu lokalen Klimaveränderungen und dem Rückgang der Gletscher und Polkappen und... und... und...
Die Münchner Rückversicherung schreibt dazu, dass ein weiteres Fortschreiten der vom Menschenverursachten Klimaveränderung fast zwangsläufig immer extremere Naturkatastrophen mit sich bringen werde; eine Trendwende ist nicht in Sicht! Wir wissen, dass der Planet Erde durch zahlreiche «Übel» bedroht ist, doch kein Wissenschaftler kann exakt voraussagen, wann denn der Kollaps eintreten wird. Der Umweltökonom Prof. Mathis Wackernagel errechnete in einer wissenschaftlichen Arbeit, dass die Schweiz 5,6-fach überlastet ist! Noch unsere Grosseltern erklärten uns, vor 50 Jahren, dass Boden, Luft und Meer unendlich seien(?).In den letzten 200 Jahren hat sich aber die Weltbevölkerung versechsfacht und in vielen Ländern ist die Umweltbelastung pro Kopf auf ein Mehrfaches angewachsen, so dass man von einer 20-bis 50-fachen Steigerung der weltweiten Umweltbelastung gegenüber derjenigen im Jahre 1800 ausgehen muss. Eine weitere Studie vom Wirtschaftsprofessor Gonzague Pillet kommt zum Schluss, das bei unveränderter Lebensweise in der Schweiz nur 1 Million Menschennachhaltig leben könnten. Das bedeutet also zurzeit eine
Siebenfache Überlast. Die Übereinstimmung der von den drei Studien ermittelten Überlast (5,6 –7) ist bemerkenswert. Für die weiteren Überlegungen wollen wir den Faktor5,6 des unabhängigen Forschungs-und Beratungsbüros INFRAS verwenden. Damit wir in der Schweiz nachhaltig leben könnten, müssten wir unseren Ressourcenverbrauch 5,6-mal verkleinern. Ist dies realistisch? Nein! Es sei denn, die Einwohnerzahl der Schweiz würde abnehmen. Da der Hauptteil unserer Umweltbelastung mit unserem Energieverbrauchidentisch ist, wollen wir als Mass für eine mögliche Reduktion das Projekt der 2000-Watt-Gesellschaft der ETH-Zürich(www.novatlantis.ch) verwenden. Die Projektverantwortlichen sind der Meinung, dass die heute pro Person durchschnittlich verbrauchten6000 Watt könnten durch Sparen und effizientere Technologien bis ins Jahr 2050 auf2000 Watt gesenkt werden. Das entspräche einem dreimalkleineren Energie verbrauch. Dass dies sehr optimistisch gerechnet ist, möge folgendes Beispielzeigen: 1990 wurde von Bundesrat Ogi das Programm «Energie 2000»gestartet. Das Hauptziel lautete: Der Verbrauch von fossiler Energie(Benzin, Öl) sollte bis zum Jahr2000 auf dem Niveau von 1990 stabilisiert werden. Jetzt meldet das Bundesamt für Energie, dass der Verbrauch fossiler Energien von1990 bis 2000 um 8,9% gestiegen sei. Das Programm hat also sein Ziel letztlich verfehlt. Dies aber vor allem, weil die Einwohnerzahl der Schweiz im gleichen Zeitraum um 6% zugenommen hat. Ohne Bevölkerungszunahme wäre das Ziel nahezu erreicht worden. Dies zeigt deutlich, dass Anstrengungen in Sachen Umweltschutzdurch Bevölkerungswachstum zunichtegemacht werden!
Wie kann die Bevölkerungszahl der Schweiz abnehmen?
Die Lösung heisst: Langfristig denken und zukunftsfähig handeln. Unsere Reproduktionsziffer ist im Moment kleiner als 1,5 (d.h. durchschnittlich weniger als 1,5Kinder pro Frau). Diese muss solange so tief belassen werden, bis die Nachhaltigkeit erreicht ist. Das würde zirka 70 Jahre dauern, wenn gleichzeitig das Ziel der ETH der2000-Watt-Gesellschaft erreicht würde. Demographische Änderungen brauchen eben Zeit! Zusätzlich muss der Wanderungssaldo Null realisiert werden, d.h. Einwanderung = Auswanderung! Dies erfordert keine diskriminierende oder fremdenfeindliche Mass nahmen. Jährlich verlassen zwischen 50 000 und 100 000 Personen die Schweiz. Wir könnten also selbst bei einem Wanderungs-saldo Null unsere humanitären Verpflichtungen erfüllen und auch den Austausch von gewissen Fachkräften zulassen. (Das sogenannte Personen-freizügigkeitsabkommen mit den EU-Staaten torpediert natürlich solche Ziele! die Red.)Die Wirtschaft muss natürlich im Gleichschritt mit der Abnahme der Bevölkerung schrumpfen.
Wie sieht es weltweit aus!
Prof. Mathis Wackernagel hat eine Messgrösse geschaffen, die es ermöglicht, den ökologischen Zustand der verschiedenen Länder miteinander zu vergleichen. Erschuf die Messgrösse des ökologischen Fussabdrucks. Je nach Lebensstandard und Lebensweisebraucht jede Person eine gewisse Fläche für Nahrungsmittelproduktion, Güterproduktion, Wohnen, , Entsorgung usw. Fast alle Ressourcen –und Abfallflüsse können in jene biologisch produktive Fläche umgerechnet werden, die es braucht, um sie aufrechtzuerhalten. So kann der ökologische Fussabdruck von einzelnen Personen bis hin zu einer Landes-oder gar Weltbevölkerung berechnet werden. Beispiele für den ökologischen Fussabdruck pro Kopf:
Schweizer 4,7 ha
US-Amerikaner 10,9 ha
Inder 1,0 ha
Man sieht: hoher Konsum = grosser Fussabdruck
niedriger Konsum = kleiner Fussabdruck
Wieviel Fläche steht pro Kopf real zur Verfügung?
Schweizer 1,9 ha
US-Amerikaner 6,7 ha
Inder 0,5 ha
ECO-POP wurde 1971 unter dem Namen «Arbeitsgemeinschaft für Bevölkerungsfragen» von besorgten Bürgern, darunter zahlreiche Wissenschaftler, gegründet. Ab 1987 trägt die Organisation den heutigen Namen «Association ECOlogie et POPulation»,resp. Vereinigung «Umwelt und Bevölkerung». Diese Umweltorganisation ist parteipolitisch und konfessionell neutral. ECOPOP gibt regelmässig überzeugende Info-Drucksachen heraus und verfügt auch über eine Internetseite:
www.ecopop.ch
Unterlagen erhältlich bei:
ECO-POP, Rebenstrasse 28,
8416 Flaach, Tel. 052 301 33 14
Die US-Amerikaner bräuchten ihren Konsum nur ein wenig einzuschränken und so ihren Fussabdruck auf 6,7 ha zu reduzieren und schon wäre Nachhaltigkeit möglich, denn es steht genügend Fläche zur Verfügung. Doch die USA rechnen mit einer weiteren Bevölkerungszunahme...Bei der Schweiz zeigt sich auch nach dieser Berechnungsart, dass wir sowohl den Fussabdruck pro Kopf –als auch die Bevölkerungszahlverringern müssen –um ans Ziel der Nachhaltigkeit zu gelangen. Ist der Fussabdruck eines Landesgrösser, als die zur Verfügung stehende Fläche, gehört dieses Land zu den ökologischen Schuldnern. Umgekehrt sind Länder mit einemkleineren Fussabdruck, als die zur Verfügung stehende Fläche, ökologische Gläubiger. Zu Letzteren gehören u.a. Kanada, Australien, Brasilien.
Übervölkerung bringt weitere Probleme!
Der Referent wies u.a. auch daraufhin, dass Entwicklungshilfe nur dann Sinn macht, wenn in diesen Ländern der Familienplanung höchste Priorität beigemessen wird. Die meisten schweizerischen wie auch internationalen Hilfsorganisationen würden diesbezüglich passiv bleiben und der Bevölkerungsvermehrung tatenlos «zusehen». Der Referent legt auch dar, dass mit «Gewaltmassnahmen»(die ehemalige indische Regierungschefin Indira Gandhi lässt grüssen! –die Red.) langfristig keine niedrigeren Geburtenratenerreicht werden könnten. Die Familienplanung muss durch Information und Aufklärung vorangetrieben werden. Eine der wenigen Entwicklungshilfeorganisationen, welche diesen Weg beschreitet, sei die Hans-Haller-Stiftung, Hilfe für Brasilien. Herr Zimmermann lockerte seine überzeugenden Argumente auch immer wieder mit «komprimierten» Zusammenfassungen des Wichtigsten in Versform auf. So etwa:
Ode an Paracelsus
Wär’n wir im Öko-Gleichgewicht,
Umweltprobleme gäb’ es nicht.
Schon Paracelsus hat erkannt,
Die Menge nur ist relevant.
Die Öko-Balance ging verloren,
denn das Produkt der zwei Faktoren:
«Pro-Kopf-Verbrauch» und «Menschenzahl»
Stieg viel zu stark, es ist fatal.
Drum lasst uns Paracelsus ehren
und diesen Wachstumstrend umkehren.
Zum Schluss wurde die Diskussionsmöglichkeit von den Anwesenden sehr rege benützt. Auf die Frage eines Teilnehmers katholischen Glaubens –ob er denn aufgrund der Haltung des Papstes in der Verhütungsfrage aus der Kirche austreten müsste, antwortete der ECO-POP-Vertreter diplomatisch und richtungsweisend: «Nein, jeder Katholik soll doch nach Rom schreiben und darlegen, dass das Präservativ nicht Leben tötet, sondern neues Leben verhindert!» Der Referent erklärte zudem, dass er sehr gerne auch mal vor Mitgliedernder «Grünen» einen solchen Vortrag halten würde. «Offensichtlich werden in diesen Kreisen gewisse Zusammenhänge noch nichterkannt!» (zustimmendes Nickender anwesenden Zuhörer im Saal!).Zum Schluss dankte der «Moderator» der Diskussion dem Referentenmit der Überreichung eines Präsentes und den Worten: «Aufgrund all dieser Ausführungen hat ein Jeder (die Damen sind hierselbstverständlich miteingeschlossen!) im Saal noch (überlebens-)wichtiges Wissen vermittelt bekommen!»
ECO-POP-Referent Markus Zimmermannweiss wovon er spricht!
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